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Neues Urteil zur gendergerechten Sprache – warum könnte es für dich relevant werden?
Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 21.06.2022, Az. 9 U 92/20
Gestützt auf das Gebot der Datensparsamkeit empfehlen wir unseren Mandant*innen schon bisher in Online-Formularen bei der Frage des Geschlechts die Option „keine Angabe“ hinzuzufügen. Nach dem Urteil des OLG Frankfurt am Main ist dies auch aus antidiskriminierungsrechtlicher Sicht zu raten.
Der Sachverhalt - Die Bahn misgendert
Menschen, die sich Tickets bei der Deutschen Bahn buchen, müssen aktuell zwischen den Anreden „Herr“ oder „Frau“ entscheiden. So auch die klagende Person, die sich aber weder dem weiblichen noch dem männlichen Geschlecht zuordnet: Sie sah sich in ihrem Recht auf geschlechtliche Selbstbestimmung verletzt.
Das Urteil – Die klagende Person ist in ihren Rechten verletzt
Das OLG Frankfurt stimmt der klagenden Person zu. Die Bahn darf in Zukunft nicht mehr nur die beiden Optionen „Herr“ oder „Frau“ anbieten. Das bedeutet im Klartext: Sie muss entweder die Option „keine Angabe“ ermöglichen oder eine alternative Option schaffen, z.B. „divers“.
Übrigens: Nicht nur muss die Bahn diese binäre Anrede in Zukunft unterlassen, sie muss auch ein Schmerzensgeld von 1.000 EUR zahlen. Damit hat das OLG die psychischen Belastungen, die nicht-binäre Personen durch das „Misgendern“ erleben, anerkannt und als erheblich eingestuft. Die Höhe ist möglicherweise auch darin begründet, dass die Bahn sich so lange geweigert hat, die Rechtsverletzung einzustellen.
Was bedeutet es für dein Unternehmen?
Das Urteil gilt zwar unmittelbar erstmal nur für die Bahn, ebnet aber den Weg für Klagen gegen andere Unternehmen. Um diese Klagen zu vermeiden, lautet unser Tipp: Schaut euch sämtliche Formulare an, in denen ihr die Anrede abfragt. Fügt am besten sowohl die Option „keine Angabe“ als auch die Option „divers“ hinzu oder gestaltet das Feld ganz einfach nicht als verpflichtend aus. Sprecht eure Kund*innen dann einfach mit ihrem ganzen Namen an – „Guten Tag Theresia Rasche“ – und damit geht ihr auch sprachlichen Schwierigkeiten aus dem Weg.
Unsere Einschätzung
Die Entscheidung erging passend im Pride Month Juni. Das Hinzufügen einer Option ist nicht aufwendig – wenn ihr nicht gerade sämtliche Fahrkartenautomaten in Deutschland umstellen müsst – und kann dafür sorgen, dass sich alle Menschen einbezogen fühlen. Das finden wir super!
Ihr seid nicht sicher, welche Daten ihr in Online-Formularen erheben dürft? Welche Zustimmungen oder Einwilligungen ihr euch mit einem Häkchen holen dürft oder müsst? Wir überprüfen euer Formular auf die Einhaltung von Datenschutzrecht, Wettbewerbsrecht und Antidiskriminierungsrecht. Kontaktiert uns gerne!